Eine amerikanische Missionarsfrau, die mit ihrem Mann in Taiwan arbeitete, kümmerte sich intensiv um eine Siedlung von Leprakranken. Als ihr einmal eine größere Summe Geld zur Verfügung stand, ließ sie die Wege der Siedlung, die sich bei Regenwetter in tiefen Morast verwandelten und für die kranken Füße unbegehbar wurden, neu machen und betonieren. Sie freute sich auf die glatten Wege und war bitter enttäuscht, als sie sah, dass die neuen Straßen nicht glatt wurden, sondern dass man sie aufrauhte. Sie reklamierte und wurde dann belehrt: "Wenn die Wege nicht rauh sind, fallen die Leute mit ihren kranken Füßen hin, weil sie mit ihren Stöcken ausrutschen!" Das bewegte die Missionarsfrau sehr. Und sie erzählte abends ihrem Mann davon. Nachdenklich fügte sie hinzu: "Macht Gott unsere Wege deswegen auch manchmal ein bisschen rauh, damit unsere kranken Füße und Stützen nicht ausrutschen, sondern Halt finden?"
Wir wünschen uns glatte und ebene Wege, die ohne Mühe zu gehen sind. Wir denken, alles müsse glatt und schnell gehen. Und doch sind bisweilen rauhe Wege besser, weil sie uns bewahren vor dem Ausgleiten und Hinfallen.
Ordne unsern Gang,
Jesu lebenslang.
Führst du uns durch rauhe Wege,
gib uns auch die nöt'ge Pflege;
tu uns nach dem Lauf
deine Türe auf!
(N.L. von Zinzendorf)
Axel Kühner "Überlebensgeschichten für jeden Tag"
© 1991 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 21. Auflage 2018
Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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