Gott und Mensch sind voneinander und zueinander hin gemacht. Mann und Frau sind voneinander genommen und aufeinander bezogen. Mutter und Kind sind auseinander und füreinander geworden. Diese Trennungen und zugleich Beziehungen machen die Einsamkeit und die Sehnsucht nach Einswerden. In der Einsamkeit liegt die Chance zum wieder Eins- und Ganzwerden verborgen.
Die Geburt ist die erste Erfahrung der Einsamkeit. Aber nur durch diese Erfahrung kann ein Mensch zum Leben, zu sich selber und zu seiner Bestimmung kommen. Als ein Same wird er ausgestreut, und zur Einmaligkeit jedes Geborenen gehört auch seine Einsamkeit. Jeder kann sie schöpferisch nutzen als Antrieb zur Liebe, Begegnung und Beziehung.
Einsamkeit bedeutet darum ursprünglich etwas ganz Kostbares: zum Einen neigen – Einen lieben – Einem gehören.
So kann die Einsamkeit Chance sein und zur Eindeutigkeit des Glaubens führen. Nur einen Herrn haben, nur einer Stimme folgen, nur eine Liebe pflegen, nur ein Ziel haben, sind die Chancen der Einsamkeit.
"Wer mich liebt, der hält meine Worte, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen"
(Johannes 14,23)
Axel Kühner "Eine gute Minute, 365 Impulse zum Leben"
© 1994 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 11. Auflage
2015 / Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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