Johann Peter Hebel erzählt von einem Mann, der auf seinem Esel vom Markt nach Hause reitet. Sein Junge läuft nebenher. Kommt ein Wanderer vorbei und meint: "Das ist nicht recht, Vater, dass ihr reitet und lasst euer Kind laufen. Ihr habt stärkere Beine!" Da stieg der Vater vom Esel herab und ließ den Sohn reiten. Kommt wieder ein Wandersmann und sagt: "Das ist nicht recht, Junge, dass du reitest und deinen Vater zu Fuß gehen lässt! Du hast jüngere Beine." Da saßen sie beide auf und ritten eine Strecke. Kommt ein dritter Wandersmann und schimpft. "Was ist das für ein Unverstand, zwei kräftige Leute auf einem schwachen Tier! Sollte man da nicht einen Stock nehmen und euch beide hinabjagen?" Da stiegen beide ab und gingen zu dritt zu Fuß, rechts der Vater, links der Sohn und in der Mitte der Esel. Kommt ein vierter Wandersmann und lacht: "Ihr seid drei kuriose Gesellen. Ist es nicht genug, wenn zwei zu Fuß gehen? Geht es nicht leichter, wenn einer von euch reitet?" Da banden sie dem Esel die vorderen und dann die hinteren Beine zusammen, zogen einen starken Baumpfahl durch, der an der Straße stand, und trugen den Esel auf der Schulter heim. Wer sich immer nur nach anderen richtet, richtet sich selbst zugrunde! Ein jeder sei in seiner Meinung gewiss! Was richtest du deinen Bruder? Oder du, was verachtest du deinen Bruder? Darum lasst uns nicht mehr einer den andern richten; sondern richtet vielmehr darauf euren Sinn, dass niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis bereite! Römer 14,5.10.13
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlage
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