"Ich habe Seiner Majestät immer wichtige Ratschläge gegeben", begann leise der Minister für Inneres, als es mit dem König zu Ende ging. "Ich habe Seiner Majestät stets die Akten vorgelegt", sagte der Minister für Äußeres nach kurzem Schweigen. "Ich habe Seiner Majestät die Speisen zubereitet", meinte der Hofkoch etwas verlegen. "Ich habe Seiner Majestät die Kleider genäht", wieselte der Hofschneider um die großen Herren herum. "Ich habe Seiner Majestät die Wunden behandelt und die Schmerzen erleichtert", warf sich der Hofarzt in die Brust. "Ich habe Seiner Majestät den Vertrag meines Landes unterbreitet", ereiferte sich der Botschafter von Andalusien. "Ich habe Seiner Majestät die Beichte abgenommen und die Predigt gehalten", fügte der Schlosspastor hinzu. Schweigen entstand. "Und du?", flüsterte der sterbende Monarch, "was hast du für mich getan?" Mit dieser Frage wandte er sich an den Zwerg, seinen Hofnarren. Der Kleine schlug einen Purzelbaum bis an das Sterbebett, lachte breit, schlug sich auf die Schenkel und flüsterte dann bescheiden: "Ich habe Euer Majestät immer die Wahrheit gesagt." Da lächelte der König. (Peter Spangenberg) "Darum legt die Lüge ab undredet die Wahrheit, ein jeder mit seinem Nächsten!" (Epheser 4,25)
Axel Kühner "Zuversicht für jeden Tag"
© 2002 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 7. Auflage
2017 / Mit freundlicher Genehmigung des Verlages
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