Ein Sprichwort sagt: "Die Zunge geht immer da hin, wo der Zahn weh tut!" Unsere Gedanken und Erinnerungen kreisen immer um die Stellen im Leben, die uns schmerzen. Kränkungen, die wir empfingen, beschäftigen unsere Gefühle, tauchen in unseren Träumen auf und lenken unsere Gedanken. Versäumnisse, die uns schmerzen, besetzen unsere Seelen und Empfindungen. Wir werden sie nicht los, und Schuldgefühle verfolgen uns. Enttäuschungen besetzen unser Leben, und in unseren Erinnerungen werden sie riesengroß. Verluste und Defizite, Mängel und Unerfülltheiten nehmen unsere Gedanken gefangen, und die Macht des Fehlenden hält uns im Griff. Wir kommen davon nicht los. Die Zunge, dieses kleine sensible Organ, geht immer da hin, wo der Zahn weh tut. Aber das ist auch unsere Chance. Nur so werden wir erinnert, die wunden Stellen des Lebens behandeln zu lassen. Nur so haben wir die Möglichkeit, die Schmerzen zu bekämpfen und ihre Ursache zu überwinden. So ärgerlich die Zunge ist, wenn sie immer da hingeht, wo der Zahn weh tut, so dienlich ist sie uns auf dem Wege, Heilung zu finden. Darum wollen wir die wunden Stellen des Lebens, die Schmerzen der Seele, die Verletzungen unseres Gemütes und die Beschädigungen unserer Person nicht übergehen und verdrängen, sondern von der Liebe Gottes behandeln lassen. So spricht der Herr: Dein Schaden ist verzweifelt böse, und deine Wunden sind unheilbar. Deine Sache führt niemand; da ist keiner, der dich verbindet, es kann dich niemand heilen. Aber ich will dich wieder gesund machen und deine Wunden heilen! Jeremia 30,12f.17
Axel Kühner "Hoffen wir das Beste"
© 1997 Neukirchener Verlagsgesellschaft mbH, Neukirchen-Vluyn, 9. Auflage 2016
Mit freundlicher Genehmigung des Verlage
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